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Schlüsselelemente für eine erfolgreiche Entwicklung der Führungsqualitäten in kerntechnischen Anlage


Starke Führungskräfte und Führungsteams sind von entscheidender Bedeutung für die Aufrechterhaltung einer hohen Anlagensicherheit und die Zuverlässigkeit der Anlagen. Der Zusammenhang zwischen leistungsfähigen Führungskräften/Führungsteams und der sich daraus ergebenden hohen und nachhaltigen Performance wird durch zahlreiche Beispiele aus der Geschichte unserer Branche eindeutig belegt. Die Entwicklung wirkungsvoller Führungsqualitäten in kerntechnischen Anlagen wurde als eine entscheidende Notwendigkeit erkannt und ist Teil der WANO Leistungsziele und –kriterien (PO&C).


Es reicht jedoch nicht aus, die Führungskräfte zu allgemeinen Schulungskursen zu schicken, bei denen ihnen einige Theorien und Modelle zu Führungsqualitäten vermittelt sowie ein paar interessante DVDs gezeigt werden, um dann von ihnen zu erwarten, dass sie als neue Führungskräfte zu ihren Unternehmen zurückkehren und dort ihre Mitarbeiter motivieren und inspirieren können! Erfolgreiche kerntechnische Betriebe wissen sehr wohl, dass ein Ausbau der Führungsqualitäten möglich ist, doch sie haben auch erkannt, dass Programme für Führungskräfte, die auf theoretischer Kenntnisvermittlung ohne Folgemaßnahmen oder praktischen Anwendungen im Berufsleben basieren, wenig Einfluss auf die Leistungen des Einzelnen haben.


Ein wirkungsvolles Programm für Führungskräfte, das deren Führungsqualitäten tatsächlich verbessert und dadurch zu deutlichen Steigerungen der Anlagenperformance führt, sollte drei Schlüsselphasen beinhalten, um die Wirksamkeit sicherzustellen. Jede einzelne Phase leistet einen Beitrag zum Gesamtprozess der Verhaltensänderung, wie nachfolgend anschaulich dargestellt wird:















 

1. Vorbereitungsphase

Die Vorbereitungsphase ist sehr wichtig. Um sicherzustellen, dass der einzelne Teilnehmer, das Team und die Organisation den größten Nutzen aus dieser Veranstaltung ziehen, ist es entscheidend, dass alle voll konzentriert sind, sich darüber bewusst sind, dass sie Zeit aufbringen müssen, um ihre eigene Weiterentwicklung voranzutreiben, dass sie offen gegenüber den Lerninhalten und bereit sind, an sich zu arbeiten. Es gibt jedoch noch weitere wichtige Personen, die einen maßgeblichen Anteil am Erfolg des Programms für die Teilnehmer haben:

• Eine Schlüsselrolle kommt den engagierten Bereichsleitern zu, die bestrebt sind, dieses Führungskräfte-Programm zur Verbesserung der nuklearen Sicherheit und der Performance der Anlage zu nutzen. Sie fühlen sich für den Erfolg des Programms selbst verantwortlich. Sie bestimmen, welche die geforderten Eigenschaften für das Führungspersonal in ihrer Organisation sind und wie die Teilnehmer ihr eigenes Führungsverhalten besser an die gewünschten Vorgaben anpassen können. Sie wählen die geeigneten Kandidaten aus und bestimmen einen Verantwortlichen für das Programm (häufig übernehmen sie diese Aufgabe selbst). Sie teilen den Gruppenleitern und Teilnehmern ihre Erwartungen mit und statten den Veranstaltungen persönliche Besuche ab. Bei vielen der erfolgreichsten Programme nehmen die leitenden Führungskräfte selbst teil und liefern auch den entsprechenden Inhalt für die Veranstaltungen.

• Auch die Gruppenleiter spielen eine wichtige Rolle, damit dieses Programm ein Erfolg für die Teilnehmer wird und daher müssen sie Zeit aufbringen, um dabei behilflich zu sein, die nachhaltigen Änderungen einzubinden. Sie treffen sich mit den Teilnehmern vor Programmbeginn, um die Lernverträge abzuschließen. Außerdem veranstalten sie regelmäßige Follow-ups mit den Teilnehmern zwischen den einzelnen Programm-Modulen oder jeweils im Anschluss daran, um sicherzustellen, dass die Teilnehmer sich verpflichtet fühlen, die theoretischen Lerninhalte am Arbeitsplatz umzusetzen.

• Der Programmverantwortliche ist üblicherweise ein Geschäftsführer oder ein Bereichsleiter, der die Entwicklung der Teilnehmer durch das gesamte Programm hindurch aktiv unterstützt. Er nimmt an den vorbereitenden Besprechungen für das Programm teil oder er veranstaltet sie selbst, um die Anforderungen des Programms zu erklären und den eigenen Einsatz für den Lernprozess zu beschreiben. Er nimmt aktiv an den Veranstaltungen teil, indem er über seine eigenen Erfahrungen spricht und die Teilnehmer dadurch vor Herausforderungen stellt. In der Einbindungsphase stellt er sicher, dass die Lernverträge vorliegen, die Besprechungen mit den Gruppenleitern stattfinden und die Beziehungen zwischen den Lernpartnern wirkungsvoll sind.
 

2. Die Phase der Beschäftigung mit dem Programm

Auch wenn der eigentliche theoretische Unterricht nur zu 30% zum Erfolg des Gesamtprogramms beiträgt, sollte der Standard für die Programmgestaltung, die Entwicklung von interessantem Material und die Auswahl der Schulungsleiter hoch sein, um den Teilnehmern eine spannende und sachdienliche Lernerfahrung zu bescheren. Das Programm sollte die aktuellen Bedingungen in der Branche ebenso widerspiegeln wie die Herausforderungen, denen die Führungskräfte im Laufe ihrer Tätigkeiten gegenüberstehen. Es sollte darüber hinaus die gewünschten Verhaltensweisen der Führungskräfte bezeichnen, die die Organisationsleitung sehen möchte und die auf die Visionen und Wertvorstellungen des Unternehmens abgestimmt sind.
Dynamische Lernmethoden wie Rollenspiele, das Erzählen von Geschichten und Dialoge sollten die traditionellen Lernmethoden ergänzen.

Ideal ist es, wenn man auf einen Mix aus Teilnehmern mit unterschiedlichen und vielseitigen Erfahrungen und Fachkenntnissen zurückgreifen kann. Eine Gruppe von Teilnehmern, die unterschiedlichen Führungsebenen angehören, ist oftmals ein Garant für ein erfolgreiches Programm. Es wird dadurch erreicht, dass die Lerninhalte sowohl von der Gruppe der Teilnehmer selbst als auch von den Ausbildern beigetragen werden. Außerdem ist es sehr gut, wenn die leitenden Angestellten auch an dem Programm mitwirken.

Die Programmschulungen sollten von erfahrenen Schulungsleitern durchgeführt werden, die sich mit der kerntechnischen Branche auskennen. Unterschiedliche Sichtweisen sollten von den leitenden Angestellten kommen, die die Schulungen besuchen. Experten aus der Branche sollten die Arbeit der Schulungsleiter ergänzen und weitere Inhalte beisteuern.

Eine wirkungsvolle Entwicklung der Führungsqualitäten vollzieht sich über einen längeren Zeitraum, ein einziges Meeting oder eine einzige Veranstaltung reichen dafür nicht aus.

Jedes Programm sollte einem standardisierten Zeitrahmen folgen, der drei bis fünf eintägige Kurse vorsieht, zwischen denen jeweils einige Wochen liegen, damit das Erlernte in der Praxis erprobt und in die Tätigkeit am Arbeitsplatz eingebettet werden kann.


3. Die Einbindungsphase

Viele Programme führen nicht zu einer dauerhaften Verhaltensänderung, da sie nur die ersten beiden Phasen berücksichtigen. Ein gutes Programm vermittelt den Teilnehmern einen starken Willen zur Änderung. Doch nach der Rückkehr zum Arbeitsalltag und angesichts des alltäglichen Drucks baut sich dieser Wille bald wieder ab.

Die ebbinghaussche Vergessenskurve zeigt, dass ein großer Teil des erworbenen theoretischen Wissens innerhalb kurzer Zeit nach der Vermittlung verlorengeht, daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass die neuen Fähigkeiten in die praktische Tätigkeit eingebunden werden, um eine dauerhafte Verhaltensänderung zu bewirken.



















Die Teilnehmer müssen sich für ihren eigenen Erfolg bei der Entwicklung von Führungskompetenzen im Rahmen des Programms verantwortlich fühlen, indem sie den theoretischen Willen in die Praxis umsetzen. Dafür sind „Lernpartner” hilfreich, die Unterstützung durch die Gruppenleiter und die Förderung durch Mentoren:

• Die Teilnehmer arbeiten als „Lernpartner” zusammen, indem sie ihre Ideen im Rahmen der Ausbildungseinheit des Programms austauschen, sie treffen sich zwischen den einzelnen Modulen, um die Fortschritte ihrer Bemühungen zu diskutieren und sie tauschen ihre Erfolge und Niederschläge untereinander aus. Das alles hilft ihnen in der Einbindungsphase.

• Eine andere, erprobte Möglichkeit, den Teilnehmern dabei behilflich zu sein, den Programminhalt in ihrem eigenen Arbeitsbereich umzusetzen, ist dass sie vor dem Programmstart mit ihren Gruppenleitern eine wichtige persönliche Herausforderung für ihr Führungsverhalten vereinbaren. Dadurch bietet sich ihnen außerdem die Gelegenheit, an einer Verbesserung ihres Arbeitsbereichs zu arbeiten. Während der Einbindungsphase des Programms sind regelmäßige Kontakte mit den Managern in Form von Touchpoints wichtig, um die wichtigen persönlichen Herausforderungen für ihr Führungsverhalten zu besprechen.

• Der Mentor muss sicherstellen, dass diese Treffen tatsächlich stattfinden, damit diese Phase für alle Programmteilnehmer wirkungsvoll ist.

Bei vielen Programmen wird eine betriebliche Herausforderung gesetzt, damit sich die eingesetzte Investition lohnt (Return on Investment). Die Teilnehmer nutzen die kollektive Kraft der Kollegen in der Gruppe für die Zusammenarbeit an einem spezifischen Projekt zur betrieblichen Verbesserung. Dies dient auch dazu, das Gelernte weiter in den beruflichen Alltag einzubinden.

Wenn sichergestellt wird, dass ein Programm zur Entwicklung von Führungsqualitäten in kerntechnischen Anlagen diese für den Erfolg des Programms notwendigen Faktoren enthält, dann können die Teilnehmer, ihre Vorgesetzten und deren Organisation einen bedeutenden und nachhaltigen Erfolg bei den Führungskompetenzen erzielen, was wiederum zu einer Verbesserung des Betriebs und der Performance bei der nuklearen Sicherheit führt.

Ian Moss
Leadership Development Programme Manager bei der WANO