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Das Interview: Gwen Parry-Jones, EDF Energy


By Gavin Greene, Editor, Inside WANO

The Queen awards Gwen with her OBE medal

Wie verlief Ihr beruflicher Werdegang bisher?

Ich studierte Physik an der Manchester University, danach machte ich einen Master-Abschluss in Wirtschaft. Ich begann meine berufliche Laufbahn als Reaktorphysikerin in der Anlage von Wylfa in Wales und erhielt dann für drei Jahre einen sicheren Arbeitsplatz als Reaktorfahrerin. Ich wollte soviel Erfahrung wie möglich sammeln, daher wurde ich Investitionsplanungsanalytikerin in Barnwood (dort waren damals die Büros von British Energy) bevor mir die Position der Finanzmanagerin in Heysham 2 in Lancashire angeboten wurde. Von dort ging ich nach Kanada, um für British Energy bei Bruce Power zu arbeiten.

Ich war eine Zeitlang als Technical Assistant des Vorstandsvorsitzenden tätig und wurde dann Technical and Safety Manager in Heysham 1. Danach wurde ich die erste Plant Managerin in Sizewell B, einer unglaublich elegant gebauten Anlage. Dies war ein überwältigender Augenblick für mich und dort lernte ich, dass die beste Strategie darin besteht, sich selbst treu zu sein: sei authentisch und frage, wenn du etwas nicht weißt.  

Ich kehrte dann als Station Director nach Heysham 1 zurück und bis heute bin ich immer noch der einzige weibliche Station Director im Vereinigten Königreich. Im Herbst letzten Jahres bot man mir die Aufgabe an, die Langzeit Strategie der EDF Energy Generation zu prüfen, der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Schaffung einer nachhaltigen Zukunft für das Unternehmen.

Was ist der beste Teil Ihrer Position?

Ich liebe den technischen Teil daran, die Einzigartigkeit und die Verantwortung, die mit der Kernenergie verbunden ist. Ich finde es faszinierend, dass wir uns diese Energie aus Millionen von Einzelteilen nutzbar machen können. Es bereitet mir auch großes Vergnügen, zu sehen, wie die Menschen mit ihren Aufgaben wachsen – ihnen dabei zu helfen, Höchstleistungen zu vollbringen.

Wie hilft Ihnen die WANO bei Ihrer aktuellen Aufgabe?

Ich habe mit der WANO bereits einige hervorragende Erfahrungen gemacht und ich durfte an einigen Peer Reviews und Technical Support Missions mitwirken. Das erste, was mir einfällt, das ist, wieviel ich jedes Mal von meinen Kollegen lernen konnte. Ich habe mir ein großes Netzwerk mit internationalen Kontakten aufgebaut. Es sind alles engagierte, angesehene, professionnelle Fachkräfte, dank deren Hilfe ich meine Arbeit besser ausführen kann. Nachdem man sich andere Anlagen angeschaut hat, beginnt man, die eigene Anlage zu hinterfragen. Es geht nicht nur darum, eine Fachkraft zu sein, und anderen Kollegen Ratschläge zu erteilen – es bringt einen selbst vielmehr dazu, den eigenen Arbeitsplatz vor dieselben Anforderungen zu stellen.

Wie hat sich die kerntechnische Branche verändert, seitdem Sie dazugehören?

Die eigene Wahrnehmung ändert sich. Als ich angefangen habe, war alles noch sehr hierarchisch organisiert. Der berufliche Aufstieg war mit dem Alter verbunden und es war nicht üblich, die Vorgesetzten herauszufordern. Heutzutage hat die Branche gelernt, dass durch die Diversität der Gedanken und den Zugang zu Entscheidungsfindungsprozessen die besten Ergebnisse sowohl in der nuklearen Sicherheit als auch auf der wirtschaftlichen Seite erzielt werden. Man muss jedoch immer daran arbeiten, nichts geschieht zufällig.

Was sehen Sie als die größten Herausforderungen bei Ihrer Aufgabe an?

Meine Aufgabe ist es, nach den Mitarbeitern und den Stärken zu schauen, die es bei EDF Energy Generation gibt und darüber nachzudenken, wie diese in die zukünftige Welt passen. Wir haben die Menschen innerhalb unseres Unternehmens um ihre Vorschläge gebeten und wir wurden mit guten Ideen geradezu überschwemmt. Wir müssen nun etwas Ordnung in diese große Menge an Begeisterung bringen, die uns dabei helfen wird, unsere Zukunft gemeinsam zu entwickeln. Der Ökonom John Maynard Keynes sagte einmal: „Die Schwierigkeit besteht nicht sosehr darin, neue Ideen zu entwickeln, sondern vielmehr darin, die alten aufzugeben." Ich wünsche mir, dass die Menschen genau das über die Arbeit denken, die wir erledigen.

Was war Ihre Reaktion als Sie den britischen Verdienstorden verliehen bekamen? [eine Auszeichnung von der britischen königlichen Familie]

Diese Auszeichnung kam aus heiterem Himmel. Ich erhielt einen Brief, den ich zuerst für einen Schwindel hielt, vielleicht ein Scherz von einem Zeitungsreporter oder so ähnlich. Als mir dann klar wurde, dass das Schreiben echt ist, war ich sehr glücklich und sprang mit meinem Brief herum. Natürlich kann man diese Nachricht niemandem vor Silvester erzählen, dann erst wird die Liste der Empfänger der Auszeichnung in der London Gazette veröffentlicht. Ich erhielt den Verdienstorden für meine Leistungen für Wissenschaft und Technologie. Die Queen überreichte mir die Medaille in Windsor Castle. Dies war ein riesengroßes Privileg und ein großer Tag für mich.

​Was war der beste Rat, den Sie bisher erhielten?

In meiner Schule gab es einmal einen Vorfall, bei dem jemand eine Mitarbeiterin in der Schulkantine grob behandelte. Daraufhin rief der Schuleiter die ganze Schule zusammen und sagte uns allen gehörig die Meinung. Er hielt dieses Verhalten für absolut inakzeptabel. Wenn man eine gute Führungskraft sein will, dann ist es wichtig, die Menschen mit Respekt zu behandeln, man kann eine Beziehung und ein harmonisches Verhältnis zu den Menschen aufbauen – vom Sicherheitspersonal und den Mitarbeitern des Besuchszentrums bis hin zu den Reaktorphysikern. Alle Menschen sind wichtig und sie müssen dir sagen dürfen, was sie denken. Wenn man sie schlecht behandelt, werden in der Anlage unter Umständen nicht die besten Ergebnisse erzielt, davon hängt jedoch die nukleare Sicherheit eines Kraftwerks ab.

Welches war Ihre letzte Lüge?

Über die Kosten für mein Pferd habe ich die Unwahrheit gesagt.

Welche drei Personen würden Sie zu einer Dinnerparty einladen?

Admiral Rickover, den Vater der nuklearen US-Marine. Wenn Sie sich seine Meinung anschauen, dann sehen Sie, dass seine Weltanschauung auch nach 50 Jahren noch Gültigkeit hat. Außerdem würde ich Marie Curie einladen, um sie zu fragen, wie es damals als Frau in der wissenschaftlichen Gemeinschaft war und welchen Herausforderungen sie gegenüberstand. Dann würde ich noch Brian Cox einladen – den Rockstar unter den Physikern.

Wie sieht für Sie ein perfekter Tag aus?

Ich werde dieses Jahr 50. Als ich 30 Jahre alt war, habe ich einen Brief geschrieben und mir vorgestellt ich wäre 50 und würde mir selbst als 30-Jährige schreiben. Es ging dabei um meine Karriere und darüber, wie ein perfekter Tag für mich aussieht. Ich habe diesen Brief behalten. Ich schreibe darin über die Flexibilität, draußen in der Natur sein zu können und Zeit mit Freunden und der Familie verbringen zu können. Ich möchte gerne mit anderen Menschen kreativ zusammenarbeiten und dabei das Gefühl haben, dass die Tätigkeit jedes Einzelnen wichtig für das große Ganze ist. In meiner jetzten Tätigkeit bei EDF Energy habe ich das Gefühl, erreicht zu haben, was ich in diesem Brief geschrieben habe.